
Ihr erinnert Euch! 2017 stand ich „fahnenlos“ in Ramsbeck. 2018 hab ich dann das Fest mal richtig in allen Facetten mitgenommen. Und 2019? – Ich bin jetzt im Vorstand: Grüne Jacke, grüner Hut, noch kein Degen! Zunächst darf ich meine Einsatzbereitschaft mit dem Tragen der Schützenfahne unter Beweis stellen. Und es macht mir Spaß! Verrückte Leute, diese Schützen.
In der letzten Vorstandssitzung wurde dann
das kommende Schützenfest durchgesprochen. Es gibt viel zu tun. Ein für
mich merkwürdiger Aspekt ist das Fähnchen rumbringen. Der Vorstand
teilt sich den Ort quasi untereinander auf und geht von Schützenbruder
zu Schützenbruder um Ihm sein Schützenfähnchen zu bringen.
Ich
fragte, was das denn solle? Ersten gibt es eine Institution namens
Deutscher Post und zweitens können sich die Leute Ihre Fähnchen doch
auch an der Kasse holen. Warum überhaupt Fähnchen?
Unverständliche Blicke schossen mir von „Traditionsjürgen“ entgegen – Okay ich will ja nicht gleich was verändern was schon immer so war, aber die Biersorte haben ´se doch auch geändert, dachte ich.
Nun gut, ich nahm es mal so hin und wurde mit einem unserer erfahrensten Vorstandkollegen eingeteilt um einen Bezirk zu übernehmen.
Wir
kamen also bei unserem ersten Schützenbruder an. Schütze, Anfang 40, 2
Kinder, kalte Pulle Veltins 0,5. Danke für die Fähnchen, sehen uns am
Samstag auf der Tanzfläche sagte er, während wir das Bier stürzten.
Weiter geht’s.
Die Tür öffnete ein älterer Herr, der uns freundlich
hereinbat. Wir setzten uns in sein Wohnzimmer. Er verschwand in der
Küche und kam mit 2 kühlen Flaschen Paderborner und einer Flasche
Ramsbecker Bergmannstropfen zurück. „Ich vertrage das Bier zwar nicht
mehr, aber einen Schnaps trinke ich mit Euch“, sagte er. Wir sinnierten
über kommende Königanwärter in diesem Jahr und er berichtete uns davon,
dass er vor über 30 Jahren auch einmal mitgeschossen habe. Leider habe
es aber nicht geklappt. Im Schützenzug würde er nicht mehr mitgehen,
aber zum Frühschoppen würde er kommen. Er würde geehrt!
Man sah deutlich den Stolz in seinem Gesicht.
Nach einem freundlichen Abschied gingen wir weiter.
Eine ältere Frau öffnete die Tür des nächsten Hauses. Ihr Mann, der Schützenbruder war, war vor einigen Jahren gestorben. „Ach, dass ist aber schön, dass Ihr vorbeikommt“, sagte sie. „Trinkt Ihr ein Bier?“ „Natürlich“, antworteten wir. Sie kam mit zwei eiskalten Flaschen Warsteiner wieder. Wir setzten uns auf die Bank vor Ihrem Haus. Sie verschwand kurz und kam mit einem alten Fotoalbum zurück. „Schaut mal, hier sind Fotos als wir Königspaar waren“, sagte sie. Gespannt schauten wir uns die alten Bilder an. Zu jedem Bild von Hofstaat, Königspaar und Schützen gab es eine kleine Anekdote. Ich bemerkte wie fröhlich sie wirkte als sie über die alten Bilder sprach.
Die Tage darauf durchkämmten wir also unseren Bezirk von Tür zu Tür und neben einigen Flaschen Bier führten wir tolle Gespräche, blickten in glückliche Gesichter und haben viel gelacht.
Endlich wurde mir bewusst, was
hierbei Bruderschaft ausmachte: Erstmal ist es völlig egal welches Bier
man trinkt – solange es kalt ist.
Für die Mitmenschen da zu sein,
einfach mal zuzuhören, die Vergangenheit zu verstehen, macht wirklich
zufrieden. Es ist bemerkenswert welchen Stellenwert und welchen
gemeinsamen Nenner eine Bruderschaft im Ort hat.
Für mich jedenfalls
ist klar: Dieser kleine Brauch des „Fähnchenrumbringens“ ist
erhaltenswert und Teil der Ramsbecker Schützentradition.